Dekompressionserkrankung bei KRANKHEITEN.DE
Krankheiten
A - Z
Krankheits-
symptome
Krebs
Special
Kinder-
krankheiten
Suche Klinik-Suche

Gesundheit
rund um die Uhr



Krankheiten
Übersicht
Patienten-Forum
Stichwort-Suche
Laborwerte (Blut, Urin etc.)
 

Dekompressionserkrankung

Eine Dekompressionserkrankung (DCI) entsteht durch zu schnelle Druckentlastung beim Auftauchen eines Tauchers aus der Tiefe.

Der Überbegriff Dekompressionserkrankung umfasst die Schäden, die durch
  • Gasblasenbildung des überschüssigen Stickstoffs = Caissonkrankheit oder Dekompressionskrankheit (DCS)
  • embolische Verschlüsse nach einem zentralen Lungenriss (arterielle Gasembolie, AGE)
entstehen.

Die Bezeichnung Caissonkrankheit (Kastenkrankheit) kommt von den Senkkästen, die ab 1890 vermehrt zur Herstellung von Gründungen für Brückenpfeiler eingesetzt wurden. Im Gegensatz zu den bis dahin üblichen Taucherglocken ermöglichten diese eine wesentlich längere Arbeitszeit, die in der Folge zu einem sprunghaften Ansteigen der Dekompressionserkrankungen führte.

Die Unterscheidung zwischen Dekompressionserkrankung (Decompression illness, DCI) und Caissonkrankheit (Decompression sickness, DCS) kommt in der deutschen Übersetzung der Begriffe "Illness" und "Sickness" kaum zum Ausdruck und wird auch nicht von allen Tauchmedizinern akzeptiert.

Daneben wird in der Literatur DCI auch als Abkürzung für den Dekompressionsunfall (Decompression incident, DCI) verwendet, der dann anhand der Entwicklung der Symptome weiter typisiert wird.

Ursache

Nach dem Henry-Gesetz steht die Menge eines in Flüssigkeit gelösten Gases
in direktem Verhältnis zum Druck des Gases über der Flüssigkeit. Deshalb diffundiert bei einem Tauchgang auf z.B. 30 m Tiefe durch den erhöhten Druck der Einatemluft Stickstoff durch die Alveolar- und Kapillarmembranen und löst sich im Blut. Das stickstoffreiche Blut wird dann durch die Gefäße zu den verschiedenen Geweben im Körper transportiert. Die verschiedenen Gewebe werden in Dekompressionsmodellen im allgemeinen als Kompartemente bezeichnet.

Die Stickstoffanreicherung in den Geweben (Aufsättigung) geschieht mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, je nach Durchblutung der Gewebe. Das stark durchblutete Gehirn wird als "schnelles" Gewebe bezeichnet, die weniger versorgten Gelenke und Knochen als "langsames" Gewebe. Dazwischen gibt es eine Reihe von Abstufungen. Als Halbwertszeit eines Gewebes bezeichnet man die Zeitdauer in Minuten, die dieses in der Tiefe bis zur Hälfte der Sättigung bzw. Entsättigung benötigt. Während des Aufstieges entsättigen die Gewebe von dem Stickstoff, der über Blut zur Lunge transportiert und abgeatmet wird. Bei einem zu schnellen Aufstieg an die Oberfläche unter Mißachtung der Dekompressionsregeln bleibt der Stickstoff beim Transport über das Blut zur Lunge nicht in Lösung, sondern bildet Blasen. Dies kann z.B. mit dem Sprudeln beim Öffnen einer Sprudelflasche verglichen werden.

Diese Blasen können sich an verschiedenen Stellen einlagern und dort Körperfunktionen beeinträchtigen.

Erste Hilfe

  • Gabe von reinem Sauerstoff (wichtigste Maßnahme)
  • Bei Bewußtlosigkeit die üblichen Maßnahmen (Seitenlage, ständige Beobachtung unter Kontrolle von Puls, Atmung, Blutdruck)
  • Herz-Lungen-Wiederbelebung bei Atemstillstand und / oder Herzstillstand. Beatmung unter Verwendung von reinem Sauerstoff
  • Kälteschutz
  • Seitenlage (Schocklage ist nicht zu empfehlen, da so der bereits erhöte Hirndruck nochmals steigt)
  • Bei Bewußtsein Flüssigkeitszufuhr (durch Arzt Infusionsbehandlung)
  • Druckkammerbehandlung mit hyperbaren Sauerstoff (Hyperbare Oxygenierung)

Vorbeugung

Bei allen Tauchgängen sind die Aufstiegsgeschwindigkeiten sowie die Dekompressionsregeln zu beachten. In den Fällen, in denen es trotz Einhaltung dieser Regeln zu Unfällen kam, lag meist ein oder mehrere der folgenden Risikofaktoren vor:
  • Akute Infekte der oberen Luftwege
  • starkes Rauchen
  • Akute Durchfallerkrankungen
  • Fieber
  • Alkohol(exzesse)

Typisierung

Dekompressionskrankheit Typ I

Bei einer Dekompressionskrankheit vom Typ I lagern sich die Blasen in der Haut, der Muskulatur, den Knochen oder den Gelenken an. Sie verursachen dort Juckreiz (Taucherflöhe), Druckempfindlichkeit der Muskeln, Gelenkschmerzen und Bewegungseinschränkungen (Bends). Diese Symptome treten in 70 % der Fälle innerhalb der ersten Stunde nach dem Tauchgang auf, teilweise wurden aber auch noch Symptome 24 h nach dem Tauchgang beschrieben.

Am häufigsten treten blaurote Verfärbungen mit leichten Schwellungen der Haut auf, die der Verunfallte als "Taucherflöhe" mit starkem Juckreiz beschreibt. Die Schwellung (Ödem) ist durch Verschlüsse der Kapillaren und Lymphe|Lymphgefäße der Haut mit Mikroblasen verursacht, welche eine erhöhte Durchlässigkeit für Wasser aufweisen.

In der Muskulatur verursachen die Blasen Druckempfindlichkeit und ziehende Schmerzen. Dies hält einige Stunden an und ähnelt anschließend dem Muskelkater.

Gelenke, Knochen und Band (Anatomie)|Bänder zeigen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Am häufigsten treten diese in den Kniegelenken auf, seltener Ellenbogen und Schulter. Die Bezeichnung Bends für diese Symptome kommt von der gebückten Haltung der unter dieser Berufskrankheit leidenen Caissonarbeiter (to bend=beugen).

Sofort nach dem Auftreten sollte reiner Sauerstoff verabreicht werden. Die Beschwerden verschwinden in der Regel auch ohne Druckkammerbehandlung rasch. Da die DCS I oft der Vorläufer der gefährlichen DCS II ist, ist jedoch auch bei Abklingen der Beschwerden eine Druckkammerbehandlung empfehlenswert.

Dekompressionskrankheit Typ II

Bei einer Dekompressionskrankheit vom Typ II lagern sich die Blasen im Gehirn, dem Innenohr oder dem Rückenmark ab. Ebenfalls werden Verschlüsse der Blutgefäße durch Gasblasen (Embolien) hier eingeordnet.

Zentrale Embolien verursachen unmittelbar eine Bewusstseinstrübung, bisweilen auch Bewusslosigkeit und Atemlähmung, weil wichtige Gehirnbezirke ausfallen. Manchmal hat der Taucher auch zunächst eine Bewusstseinstrübung, die erst später in eine vollständige Bewusstlosigkeit übergeht. Ebenso treten Halbseitenlähmungen und isolierte Ausfälle der Extremitäten auf.

Embolische Verschlüsse im Rückenmark verursachen beidseitige Lähmungen, Empfindungsstörungen oder auch Harn- bzw. Mastdarmstörungen. Diese treten etwas später als zentrale Embolien auf und steigern sich oft von Mißempfindungen in den Zehen bis zur vollständigen Lähmung 2 Stunden später.

Innenohrembolien verursachen Brechreiz, Übelkeit, Ohrgeräusche und Schwindel.

Eine Differenzierung zwischen DCS II und AGE ist dem Ersthelfer kaum möglich (AGE tritt unmittelbar auf). Dies ist aber aufgrund gleicher Erste-Hilfe-Maßnahmen ohne negative Folgen.

Dekompressionskrankheit Typ III

Langzeitschäden bei Tauchern werden unter Typ III zusammengefasst.

Als Berufskrankheit anerkannt sind bisher die aseptische Knochennekrose (AON), Hörschädigungen, Netzhautschäden sowie neurologische Folgeschäden nicht behobener DCS Typ II.

Ursache der Skeletterkrankungen und Gelenkveränderungen sind durch die langfristige Aufsättigung dieser Gewebe begründet. Hier reichen die Tauchpausen nicht aus, um diese langsamen Gewebe vollständig entsättigen zu können. Ebenfalls stehen Mikroblasen in Verdacht, die bei Berufstauchern in der Zeit zwischen Auftauchen und Aufsuchen der Dekompressionskammer entstehen. Diese Blasen bleiben durch die Rekompression "stumm", führen aber möglicherweise zu Langzeitschäden.

Es sind aber auch Schäden dieser Art bei einmaliger, aber sehr langer Druckexposition berichtet worden (U-Boot fahrer eines 1931 gesunkenen U-Bootes, die vor ihrer Rettung sehr lange unter Druck (36,5 m) standen und bei denen 12 Jahre später AON festgestellt wurde).

Lungenüberdruckunfall AGE

Bei einem zentralen Lungenriss gewinnt die Alveolarluft durch die Verletzung des blutreichen Gewebes der Lunge Zugang zum Gefäßssystem. Es kommt zum Übertritt der Atmungsluft in die Lungenvenen. Die Luftblasen rufen dann auf ihrem Weg durch die linke Herzkammer embolische Verschlüsse in den Endarterien des Rückenmarks, des Gehirns oder auch der Herzkranzgefäße hervor. Symptome ansonsten wie bei DCS II.

Geschichte der Dekompressionsforschung

Bereits 1670 hatte Robert Boyle festgestellt, das sich Gase unter Druck in Flüssigkeit lösen und es bei plötzlicher Druckentlastung zu Gasblasen in der Flüssigkeit kommt. Dies führte den deutschen Ernst Felix Hoppe-Seyler 1857 dazu, seine Theorie der Gasblasenembolie als Ursache der Dekompressionskrankheiten aufzustellen, und 1869 veröffentlichte Leroy de Mericourt eine medizinische Abhandlung hierzu ("Vom physiologischen Standpunkt her betrachtet, ist der Taucher eine Flasche mit Sodawasser"). Zwar erkannte schon Mericourt den Zusammenhang zwischen Tauchtiefe, Tauchzeit und Geschwindigkeit des Aufstieges, aber leider wurde dies nicht in handhabbare Praxisanweisungen für die Allgemeinheit der Taucher umgesetzt.

Die ersten systematischen Untersuchungen hierzu wurden von Paul Bert, Physiologierprofesser in Paris, durchgeführt. Im seinem 1878 erschienen Lehrbuch für Taucher wird das Zusammenwirken von Druck, Zeit und Luft dargestellt. Paul Bert war auch der erste, der sich mit den Auswirkungen der
verschiedenen Gase auf den Taucher befasste und neben der Rolle des Stickstoffs bei der Dekompressionskrankheit auch die gefährliche Rolle von reinem Sauerstoff unter Druck beschrieb. Bert beschrieb eine Dekompressionszeit von 20 Minuten pro Bar Druckentlastung.

Diese Empfehlungen bildeten für ca. 30 Jahre die Grundlage für Taucherarbeiten (die erste deutschsprachige Dissertation zur "Druckluftlähmung" erschien 1889). Im Jahr 1905 untersuchte dann John Scott Haldane die Auswirkungen der "schlechten Luft" in Abwasserkanälen, Eisenbahntunneln und Kohlegruben auf den menschlichen Organismus. Im Zuge seiner Forschungen entdeckte er, dass die
Atmung ausschließlich vom Druck des CO2 auf das Atemzentrum abhängt. Er schlug nunmehr der britischen Admiralität vor, eine Studienkommission zur wissenschaftlichen Erforschung des Tauchens einzusetzen, um über die Druckgasforschung zu sicheren Arbeitsmethoden für Taucher zu
kommen.

John Scott Haldane ließ als erstes Ziegen ca. 60 m in der Druckkammer "tauchen". Dabei stellte er fest, dass magere Ziegen weniger anfällig für die Dekokrankheit als fette sind. Dies führte ihn zu der Theorie der unterschiedlichen Gewebeklassen, welche unterschiedlich schnell auf- und absättigen. Grundannahme von Haldane war, dass die Geschwindigkeit ausschließlich vom Durchblutungsgrad der Gewebe abhängt. Auf Basis dieses vereinfachten Modelles des menschlichen Körpers berechnete Haldane seine Dekotabellen, die er 1907 erstmals veröffentlichte. Die Tabellen von Haldane gingen, aufgrund eindeutiger Vorgaben der Auftraggeber (englische Marine), nur bis 58 m.

Dieses Modell war wiederum für ca. 25 Jahre die Grundlage aller Forschungen. Ab 1935 erkannte man, dass dieses Modell nur für einen sehr eingeschränkten Tiefen-Zeitbereich gilt und forschte an möglichen Verfeinerungen (konstante Übersättigungsfaktoren durch Hawkins, Schilling und Hansen 1935, variable Übersättigungsfaktoren durch Duyer 1976, Theorie der stillen Blasen durch Hills 1971).

Nach 1945 haben die Tabellen der US Navy (1958) die weiteste Verbreitung gefunden. Diese benutzen 6 Gewebeklassen mit variablen Übersättigungsfaktoren für jede Dekostufe.

1983 erkannte Albert A.Bühlmann, dass das Modell der parallelen Sättigung nicht mehr haltbar ist, da ja die Gewebe den Stickstoff nur an die umgebenden Gewebe abgeben können.


Die Informationen dienen der allgemeinen Weiterbildung. Sie können in keinem Falle die ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung ersetzen.
Bei gesundheitlichen Beschwerden sollten Sie ärztlichen Rat einholen.

Technische Realisierung von krankheiten.de durch die TYPO3 Agentur Berlin Online Now! GmbH
 
Impressum / Datenschutz
 

 

Wir verwenden Cookies, um Funktionalität der Website zu ermöglichen. Durch die weitere Nutzung unserer Website erklären S ie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Seite Datenschutzerklärung.